BAG 18.03.2020: Fahrzeitenregelung – Arbeitszeit, Vergütung
Die streitgegenständliche Regelung besagte, dass die ersten und letzten Anfahrtsminuten zum Kunden nicht als Arbeitszeit erfasst werden, sofern sie nicht 20 min. jeweils übersteigen. Der Arbeitnehmer machte auch die Erfassung dieser insgesamt 40 min. als Arbeitszeit geltend. Das BAG erkennt an, dass Fahrten von der Wohnung zum Betrieb und Arbeitsverrichtung sodann im Betrieb keine Arbeitszeit darstellen kann, weil ausschließlich eigennützig motiviert. Im Gegenzug dazu sei alles, was durch den Arbeitgeber per Direktionsrecht angeordnet werden kann, grundsätzlich Arbeitszeit. Die Anfahrt gehöre zu den arbeitsvertraglichen Hauptpflichten,
wenn der Mitarbeiter zum Kunden fährt und dort Serviceleistungen erbringe. Dies unabhängig davon, ob er den ersten und letzten Kunden von Betrieb aus ansteuere oder direkt von Wohnsitz (je nach Entfernung ggf. zu differenzieren). Hier liege nämlich eine, mit der Erbringung der eigentlichen Tätigkeit unmittelbaren Zusammenhang stehende Tätigkeit des Mitarbeiters.
Wie diese grundsätzlich zu erfassende Arbeitszeit für die An- und Abfahrt letztlich zu vergüten sei, ist Frage der vertraglichen Abrede. Ein Teil der Fahrzeit kann durchaus ohne gesondertes Entgelt behandelt werden, zumindest wenn in der Gesamtbetrachtung der Mindestlohn eingehalten wird. Ohne eine solche, wirksame Abrede wird die volle Vergütung fällig. Im entschiedenen Fall scheiterte die getroffene betriebliche Regelung (Betriebsvereinbarung) an der Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG wegen eines bestehenden, grundsätzlich anwendbaren Tarifvertrags. Auch die Tarifsperre wegen nur üblicher Tarifregelung muss selbst bei nicht im Arbeitgeberverband organisierten Unternehmen beim Abschluss von freiwilligen Betriebsvereinbarungen beachtet werden.