OLG Frankfurt 12.05.2015: Erbvertrag zugunsten der GF eines ambulanten Pflegedienstes durch die zu pflegende Person unwirksam
Die Geschäftsführerin einer ambulanten Pflegedienst GmbH wehrt sich gegen den Einzug eines Erbscheins. Die kinderlose Erblasserin (Nichte starb im September 2012) wurde von 2008 bis zu ihrem Tod von dem Pflegedienst der Geschäftsführerin betreut. Kennengelernt haben sich beide 2006 bei einem Krankenhausaufhalt der Erblasserin. Anschließend hat die Geschäftsführerin diese regelmäßig besucht, gemeinsame Ausflüge unternommen, sowie regelmäßig ein bis zweimal die Woche mit ihr zusammen Mittag gegessen. Die Geschäftsführerin schloss mit der Erblasserin im September 2012 (nach dem Tod der Nichte) beim Notar einen Erbvertrag. Darin setzte die Erblasserin die Geschäftsführerin als Alleinerbin ein und die Geschäftsführerin erklärte sogleich die Annahme des Erbes. Weitere Verfügungen wurden in dem Erbvertrag nicht getroffen. Im Jahr 2003 hatte die Erblasserin ein Testament zu Gunsten Ihrer Nichte errichtet.
Das Oberlandesgericht hat entschieden, dass der Erbschein gemäß 2361 BGB wegen Unrichtigkeit einzuziehen war. Die Geschäftsführerin ist nicht Alleinerbin geworden, da der Erbvertrag nach § 134 BGB wegen eines Verstoßes gegen § 7 HGBP (Hessisches Gesetz über Betreuungs- und Pflegeleistungen) unwirksam ist. Die auf Grund der Föderalismusreform 2009 geschaffene Regelung entspricht dem alten §14 Heimgesetz und untersagt grundsätzlich Leistungen an Betreiber und Beschäftigte eines ambulanten Pflegedienstes. Der Gesetzesbegründung nach soll die Regelung verhindern, dass die Hild- und Arglosigkeit alter und pflegebedürftiger Menschen in finanzieller Hinsicht ausgenutzt wird. Auch soll die Testierfreiheit alter Menschen gesichert und diese vor einer Gefährdung ihres Rechts auf freie Verfügung von Todes wegen durch offenen oder versteckten Druck geschützt werden. Bereits unter der Regelung des § 14 HeimG war unumstritten, dass unter dem Versprechen bzw. Gewährenlassen von Geld- oder geldwerter Leistungen grundsätzlich sowohl bereits die Einsetzung als Erbe in einem Testament als auch in einem Erbvertrag fällt. Hinzu kommt, dass die testamentarische Verfügung dem Begünstigten bekannt ist und die Erbeinsetzung im Zusammenhang mit der Erfüllung aus dem (Pflege)Vertrag erfolgt. Wichtig ist, dass ein solcher Zusammenhang bis zum Beweis des Gegenteils vermutet wird. Im vorliegenden Fall, konnte die Geschäftsführerin, diese Vermutung nicht widerlegen. Dabei half ihr auch nicht, dass mehrere Zeugen ihr freundschaftliches und fürsorgliches Verhältnis zur Erblasserin bestätigten. Zum Verhängnis wurde ihr, dass sie erst nach dem Tod der Nichte den Erbvertrag schloss und auch sonst ihre freundschaftliche Beziehung zur Erblasserin sich schwer von der geschäftlichen trennen ließ. Gerade in Fällen unklarer Beweislage, in denen die Motive und Gründe sowie die Zusammenhänge der Zuwendung offen bleiben, so das Gericht, muss das Verbot im Interesse des Schutzes der Testierfreiheit eingreifen. In Thüringen enthält übrigens §12 Thüringer Gesetz über betreute Wohnformen und Teilhabe (Thüringer Wohn- und Teilhabegesetz - ThürWTG ) eine entsprechende Regelung zum Verbot der Annahme von Leistungen.