Hinweis: nach 3-zügigem Instanzenzug BGH hat unsere Kanzlei auch das Folgeverfahren betreut und erfolgreich abgeschlossen: Thüringer OLG 26.04.2023, Zwangseinziehung des 49 % - GmbH-Anteils in 2-Personen-GmbH wirksam

Die Gesellschafterversammlung beschloss im Juli 2020 die Zwangseinziehung des GmbH-Anteils des Minderheitsgesellschafters (49%) mit den Stimmen des zweiten Gesellschafters (51%). Der Betroffene klagte, das Landgericht erklärte die Zwangseinziehung des Anteils für nichtig. Gegen das Ausgangsurteil legten beide Parteien Berufung ein, auch wegen zahlreicher anderer angegriffener Gesellschafterbeschlüsse. Die Beklagte wandte sich nur gegen die Nichtigerklärung der Zwangseinziehung.

Die Urteilsformel des OLG ist schlicht, neben wenigen stattgebenden Feststellungen lautet die wesentliche Urteilsformel: im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Hierunter versteckt sich die Aufhebung der Nichtigerklärung der Zwangseinziehung und damit die Feststellung der Wirksamkeit der Einziehung. Der von der Einziehung betroffen 49 % Gesellschafter hatte gegen den Mehrheitsgesellschafter und Alleingeschäftsführer zahlreiche, unbegründete Strafanzeigen erstattet, was zu langjährigen, letztlich  ergebnislosen, Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten führte. Das OLG stufte diese Vorwürfe als massive Treupflichtverletzung ein. Diese verletzte in gewichtiger, nach außen getragener Weise den Ruf des 51%-Mitgesellschafters sowie der Gesellschaft. Dies beträfe sowohl eine unterstellte Bilanzfalscherstellung, einen angeblichen Kreditbetrug als auch weitere, unwahre Tatsachenbehauptungen. Angesichts bereits  mehrfacher Versuche des nunmehr ausgeschlossenen 49 % - Minderheitsgesellschafters den 51 % - Mehrheitsgesellschafter und Alleingeschäftsführer in den vergangenen Jahren seit 2016 aus wichtigem Grund abzuberufen, sei das langjährige Zerwürfnis offensichtlich. Zu Lasten des nunmehr Ausgeschlossenen wiege auch, dass er seine Vorwürfe auf weitere Personen wie einen Bankmitarbeiter, den Steuerberater der Gesellschaft, den Prozessbevollmächtigten und weitere, für die Gesellschaft tätige in die Strafanzeigen unzutreffend einbezog.

Das Urteil erweist sich als hervorragend begründet und richtig. Die im 2-Personen-GmbH-Verhältnis immer schwer zu ziehenden Grenzen der Zumutbarkeit für die jeweils andere Seite waren im Fall – wie tendenziell in nur wenigen Fällen aus unserer Erfahrung heraus – tatsächlich überschritten. Das Urteil zeigt einmal mehr: die zwangsweise Trennung zweier GmbH-Gesellschafter durch Zwangseinziehung funktioniert. Sie braucht allerdings einen „strong case“, ein entschlossenes Gericht und letztlich auch ausdauernde rechtliche Vertretung. Die zum hiesigen OLG-Urteil des Jahres 2023 führende Klage war bereits im Jahre 2015 beim Landgericht eingereicht worden!