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LAG Hamm, 23.11.2022: Änderung von Lohnbestandteilen durch BV

Der im Verkauf tätige Kläger hatte neben einem monatlichen Fixum Provisionen und Prämien gemäß der jeweils gültigen Betriebsvereinbarung“ im Arbeitsvertrag vereinbart. Die nachfolgend in Kraft getretene Betriebsvereinbarung sah nur noch variable Vergütungen vor. Der Kläger klagte auf Zahlung des monatlichen Fixums. Das LAG gab dem nicht statt, weil es die arbeitsvertragliche Regelung unter Bezugnahme auf die BAG Rechtsprechung für „betriebsvereinbarungsoffen“ hielt.  Unter Referenz auf die BAG-Urteilsbegründung aus 2019, wonach „die Arbeitsvertragsparteien ihre vertraglichen Absprachen dahingehend gestalten können, dass sie einer Abänderung durch betriebliche Normen unterliegen und dies nicht nur bei betrieblichen Einheitsregelungen und Gesamtzusagen möglich ist, sondern auch bei einzelvertraglichen Abreden“ sah das LAG die Änderung für berechtigt an. Ein Anspruch auf ein Fixum besteht nicht mehr.

Unseres Erachtens gehen hier LAG wie auch BAG Rechtsprechung an einer Stelle von der im Übrigen doch weitgehenden Arbeitnehmerschutzrechtsprechung ab, an welcher eine solche grundlegende Abkehr nicht zu rechtfertigen ist. Selbst wenn der Wortlaut des Vertrags eine Offenheit für betriebliche abweichende (auch verschlechternde?) Neuregelungen begründen mag, ist ein wie im vorliegender Fall erfolgter tiefgreifender Eingriff in die strukturelle Vergütungsabrede und letztlich das, was der Mitarbeiter für die erbrachten Dienste als Gegenleistung konkret erhält, massiv und derart gravierend, dass nicht anzunehmen ist, dass der Mitarbeiter sich dieser Tragweite bei Abschluss des Vertrags bewusst gewesen ist. Hier wird nicht hinreichend gewichtet, dass der Arbeitsvertrag selbst die Vergütung gegen ein Fixum begründet. Eine quasi beliebige Aufweichung dessen durch eine spätere betriebliche Regelung kann nur schwer als vom Willen des unterzeichnenden Mitarbeiters bei Vertragsschluss gedeckt angesehen werden. Rechtstechnisch gehen hier Wortlaut und Sinn und Zweck der Regelung im Vertrag derart weit auseinander, dass eine abweichende Einschätzung und Gewichtung dieser Spreizung durchaus gerechtfertigt erschiene.