UK Supreme Court, Oct. 9. 2020: Anwendbares Recht – Vertrag- Schiedsklausel
Das Urteil greift einen Dauerbrenner internationalen Vertragsrechts auf: welches Recht ist auf die Schiedsklausel des Vertrags anwendbar, wenn das materielle Recht des Vertrags ein anderes Recht bestimmt als jenes, welches am Sitz des Schiedsgerichts gilt? Die Frage hat nicht nur akademische Bedeutung, kann doch mit ihrer Beantwortung der Schiedsklausel ihre Wirkung entzogen werden. Das oberste Zivilgericht sieht die Zeit für eine grundlegende Beantwortung der Streitfrage gekommen: “the time has come to seek to impose some order and clarity on this area of the law”. Denkbar ist z.B., dass der Vertrag eine Rechtswahlklausel zugunsten Kalifornien enthält, man sich aber im Vertrag auch auf ein Schiedsverfahren nach den Regeln der ICC in Paris einigt, hier käme in Betracht, die Wirksamkeit der Schiedsklausel nicht nach kalifornischem sondern französischem zu beurteilen.
Das SC begründet die Rechtsansicht für den konkreten, ein Bauvorhaben betreffenden Fall mit getroffener Wahl Russischen Rechts, aber einem Schiedsstandort in London unter Anwendung der Schiedsregeln der Internationalen Handelskammer Paris, wie folgt: Zunächst nehme die noch in UK anwendbare EU-Rom I Verordnung (Art. 1 (2)e) die Frage des für die Schiedsklausel geltenden Rechts von der Anwendung der Verordnung aus, ROM I helfe insofern nicht weiter. Das SC wendet sodann ersatzweise eigenes englisches Common Law an und arbeitet die englische Referenzrechtsprechung seit 1884 auf. Im Regelfall folge das auf die Schiedsklausel anwendbare Recht dem für den Vertrag gewählten Recht, es sie denn, besondere Umstände lägen vor. Faktoren könne ein anderer Wille der Parteien sein. Die Parteien hätten im Fall explizit eine neutrale Schiedsordnung gewählt, dieses Neutralitätsgebot solle auch für die Schiedsklausel gelten, weil damit anzunehmen sei, die Parteien hätten bei den Vertragsverhandlungen auf keinen anderen Kompromiss als dieses neutrale Recht des Sitzes einigen können, wenn sie diesen Punkt verhandelt hätte. Maßgebliches Argument des SC ist aber auch die NY Convention 1958 zur Anerkennung und Vollstreckung internationaler Schiedssprüche, welche in Ermangelung einer expliziten Rechtswahl für die Schiedsklausel hilfsweise auf den Sitz des Schiedsgerichts abstellt und hieraus die Rechtswahl gewinnt. Wenn dies im Rahmen der Vollstreckung so zu erfolgen habe nach der Convention für die Beurteilung der Wirksamkeit der Schiedsklausel, müsse, dies auch im vorhergehenden Verfahrensabschnitt der eigentlichen prozessualen Auseinandersetzung so gelten.
Die Problematik lässt sich generell durch geeignete Vertragsgestaltung entschärfen.